Karriereanker: Der Kompass für deine Karriere

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Ein Geschäftsführer mit General-Management-Kompetenzen als Karriereanker hält ein Tablet in den Händen und schaut zufrieden.

Das Konzept des Karriereankers geht auf Edgar Schein zurück, einen amerikanischen Psychologen. Es definierte acht Ankerpunkte, die für Arbeitskräfte besonders wichtig sind und die ihre persönlichen Werte und Bedürfnisse widerspiegeln. Hier erfährst du, wie du diesen Ansatz nutzen kannst, um mit deinem persönlichen Kompass die richtigen beruflichen Entscheidungen zu treffen.

Inhaltsübersicht:

Karriereanker – was ist das?

Der US-amerikanische Psychologe Edgar Schein entwickelte in den 1970er-Jahren das Konzept des Karriereankers. Schein ging damals der Frage nach, was Menschen beruflich motiviert und wovon sie sich leiten lassen. Seine Erkenntnis: Viele Menschen folgen einer bestimmten inneren Orientierung, wenn sie berufliche Entscheidungen treffen. Und das häufig über viele Jahre hinweg. Diese Faktoren, die individuell unterschiedlich sind und die er acht zentralen Kategorien zuordnete, nannte Edgar Schein Karriereanker.

Karriereanker sind, kurz gesagt, die Dinge, die Menschen im Job besonders wichtig sind. Das können bestimmte Werte sein, aber auch Motive, Bedürfnisse und Aspekte, die eng mit dem Selbstbild verankert sind. Solche Faktoren sind so tiefgehend, dass sie in der Regel über lange Zeit stabil bleiben, auch wenn sich die berufliche Umgebung verändert. Der innere Anker hat Einfluss darauf, welche Jobs wirklich passen, wann jemand motiviert ist und wann er seine Arbeit als sinnstiftend oder erfüllend empfindet.

Die eigenen Karriereanker zu kennen, kann Orientierung in einem oft wechselhaften Berufsleben bieten. Es sorgt für Stabilität, weil man Leitwerte hat, an denen man sich immer wieder ausrichten kann. Das macht es leichter, die richtigen beruflichen Entscheidungen zu treffen: Es hilft bei der Jobsuche, weil man klarer sieht, was man will und was nicht. Zugleich ist es einfacher, zu verstehen, warum man in einem Job nicht glücklich ist – und wie die Lösung aussehen könnte. 

Die acht Karriereanker nach Edgar Schein

Nach Edgar Schein sind Karriereanker zentrale Werte, Ziele und Bedürfnisse, die den beruflichen Entscheidungen einer Person zugrunde liegen. Schein wollte damit erklären, warum Menschen bestimmte Richtungen einschlagen, welche Jobs sie wählen und was ihnen im Job besonders wichtig ist. Die Karriereanker prägen die berufliche Identität und sind mit dem Charakter, den Idealen und Vorstellungen von Menschen untrennbar verbunden. Hier erfährst du mehr über die acht Karriereanker nach Edgar Schein, von denen sich Menschen nach Ansicht von Schein stark mit einem oder zwei Aspekten identifizieren.

Technisch-funktionale Kompetenz

Hierbei geht es um Fachkompetenz: Wer diesen Karriereanker hat, möchte Experte in seinem Bereich werden. Er ist stolz auf seine Kompetenzen, seine Expertise und sein Wissen, das er ständig erweitern möchte. Der berufliche Aufstieg ist für solche Menschen oft zweitrangig – entscheidend ist, dass sie spezifische Fähigkeiten beherrschen. Häufig sind solche Personen in Bereichen tätig, in denen ein hohes Know-how gefragt ist – etwa als Ingenieur, Wissenschaftler oder Arzt.

General-Management-Kompetenzen

Managerielle Kompetenz ist wichtig für Menschen, die gern Verantwortung übernehmen. Sie möchten andere leiten, motivieren und im Job wirklich etwas bewegen können – aus einer Führungsposition heraus. Für sie ist ein dynamisches Arbeitsumfeld wichtig, in dem sie ihre planerischen und organisatorischen Fähigkeiten nutzen können. Jemand, auf den das zutrifft, könnte zum Beispiel als Manager, Geschäftsführer oder Abteilungsleiter arbeiten.

Selbstständigkeit und Unabhängigkeit

Ein weiterer Karriereanker besteht darin, möglichst selbstständig und unabhängig arbeiten zu können. Die Betroffenen haben gern viel Kontrolle darüber, wie und wann sie ihre Arbeit erledigen. Starre Hierarchien oder zu feste Schemata liegen ihnen nicht; sie arbeiten lieber selbstbestimmt und zu Bedingungen, die sie in einem hohen Maße mitbestimmen können. Deshalb machen sie sich gern selbstständig, wenn sie nicht gerade in den obersten Führungsebenen eines Unternehmens arbeiten.

Sicherheit und Beständigkeit

Auch langfristige Sicherheit und kalkulierbare Risiken sind ein Karriereanker. Menschen, die sich darin wiederfinden, legen Wert auf Stabilität im Job. Sie möchten eine sichere Stelle, die ihnen auch finanziell die nötige Sicherheit gibt. Ihnen ist eine verlässliche, risikoarme Karriereplanung besonders wichtig. Beispielsweise als Beamter oder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst oder als Angestellter bei Firmen, die langjährige Beschäftigungsverhältnisse fördern. 

Unternehmerische Kreativität

Menschen, die in etwas aufgehen, die unternehmerisch und innovativ denken, haben oft diesen Karriereanker. Ihnen liegt es am Herzen, etwas Neues zu erschaffen. Dafür nehmen sie auch gewisse Risiken in Kauf. Etwa als Gründer eines Start-ups, als Produktentwickler oder Innovationsmanager.

Hingabe

Es gibt Menschen, die in ihrem Job einen tieferen Sinn sehen. Sie möchten mit ihrem beruflichen Tun die Welt ein kleines bisschen besser machen. Deshalb arbeiten sie meistens im sozialen oder medizinischen Bereich, wo der Effekt ihrer Arbeit am sichtbarsten ist. Beispiele für Berufe: Lehrer, Pflegekraft, Sozialarbeiter.

Reine Herausforderung

Manche Menschen suchen im Job immer wieder neue Herausforderungen, die ruhig schwierig sein dürfen. Sie lieben es, Hindernisse zu überwinden, Probleme zu lösen und sich zu beweisen. Damit geht eine hohe Leistungsorientierung einher. Ein wettbewerbsorientiertes Umfeld ist genau richtig für solche Personen, etwa bei einer Tätigkeit als Profisportler, Krisenmanager oder Wissenschaftler. 

Lebensstil

Der Beruf ist nicht alles? Wer so denkt, dem ist womöglich dieser Karriereanker wichtig – hier muss der Job zum persönlichen Lebensstil passen. Flexible Arbeitszeiten und -bedingungen schätzen solche Menschen. Sie legen Wert auf eine gesunde Work-Life-Balance und sind nicht bereit, ihre Gesundheit oder ihr Wohlbefinden zugunsten ihres Arbeitgebers zu opfern. Teilzeit, Remote-Arbeit oder anderweitig flexible Konditionen im Job stehen bei solchen Menschen hoch im Kurs. Jemand könnte dann etwa als digitaler Nomade oder als Freiberufler arbeiten.

Welche Karriereanker habe ich?

Weißt du, welche Karriereanker du hast? Wenn du dir die Beschreibung der acht Karriereanker nach Edgar Schein weiter oben durchliest, hast du vielleicht schon eine Idee, wo du zu verorten bist. Wenn nicht, lohnt es sich, Selbstreflexion zu betreiben. Hier sind einige Fragen, die dir dabei helfen können, „deine(n)“ Karriereanker zu finden:

  • Welche Aufgaben machen dir am meisten Spaß?
  • Wann warst du im Job zuletzt so richtig zufrieden – und woran lag das?
  • Warst du mal richtig unzufrieden mit deiner Arbeit? Wenn ja, welche Gründe hatte das?
  • Was motiviert dich?
  • Wie stellst du dir deine berufliche Zukunft vor?
  • Wie definierst du beruflichen Erfolg?
  • Was macht einen guten Job für dich aus?
  • Welche Aufgaben machst du gern, was vermeidest du, wenn es möglich ist?
  • Was, wenn das Geld keine Rolle spielen würde: Welchen Job würdest du dann wählen?
  • Oder ist es vielmehr das Geld, das bei beruflichen Entscheidungen den Ausschlag gibt?
  • Liebst du Herausforderungen – oder bleibst du lieber bei dem, was du kennst?
  • Ist es dir wichtig, dass deine Arbeit sinnstiftend ist?  
  • Sprühst du nur so vor Ideen oder überlässt du die Kreativität lieber anderen?  

Es gibt auch Online-Tests und Fragebögen, die du nutzen kannst. Hilfreich ist darüber hinaus eine ehrliche Einschätzung von Menschen, die dich gut kennen. Das kann dein Partner sein, es können deine Eltern sein oder Kollegen, vielleicht auch ein Vorgesetzter. Bitte andere darum, dir Feedback zu geben. Dabei hilft es, wenn du ihnen erklärst, was das Konzept der Karriereanker auszeichnet, und ihnen die unterschiedlichen Kategorien erklärst.

Wie dir Karriereanker bei der Karriereplanung helfen können

Edgar Scheins Karriereanker können ein nützliches Instrument sein, um die eigene Karriere zu planen und die richtigen beruflichen Entscheidungen zu treffen. Wer seine ganz persönlichen Anker kennt, kann mehr über sich erfahren. Er kann herausfinden, was ihm wirklich wichtig ist, und so klarer sehen, welche Jobs und Berufe zu seinen Ansprüchen an die Arbeit passen. Er kann gezielt nach Tätigkeiten suchen, die mit seinen inneren Motiven in Einklang stehen – und mehr Erfüllung im Job finden.

Besonders nützlich ist es, die eigenen Karriereanker in Phasen der beruflichen Orientierung oder Neuorientierung zu kennen und zu berücksichtigen. Damit ist es leichter, Ziele für die eigene Karriere festzulegen, die sich wirklich stimmig anfühlen. Wer zum Beispiel im Hinterkopf hat, dass sein Karriereanker „Lebensstil“ ist, der wird sich wahrscheinlich nicht für einen Job entscheiden, bei dem er jederzeit 200 Prozent geben muss – regelmäßige Überstunden inklusive. Und wer vor unternehmerischer Kreativität sprüht, wird womöglich nicht glücklich mit einem Job, bei dem er stur ausführen soll, was andere vorgeben. Stattdessen könnte er Erfüllung darin finden, ein eigenes Unternehmen zu gründen oder sich in einem Start-up einzubringen.

Karriereanker helfen nicht nur bei richtungsweisenden Entscheidungen im Beruf. Sie sind auch nützlich, wenn es darum geht, Unzufriedenheit und Demotivation besser zu verstehen. Indem du deine Arbeitsbedingungen und deine Tätigkeiten an sich mit deinem Karriereanker abgleichst, fällt dir sicherlich auf, wo es Diskrepanzen gibt.

Sich bewusst mit den eigenen Karriereankern auseinanderzusetzen, kann deine Zufriedenheit im Job erheblich erhöhen – wenn du deine Entscheidungen daran ausrichtest, wo deine Grundwerte liegen. So kannst du eher Aufgaben und Arbeitgeber finden, die wirklich zu deinen Bedürfnissen passen.

Mit Karriereankern den richtigen Job finden

Bist du gerade auf Jobsuche – oder mittelfristig interessiert daran, den Job zu wechseln? Dann könnte es sich lohnen, dich mit dem Konzept der Karriereanker nach Edgar Schein näher zu befassen und dich intensiv mit deinem persönlichen Karriereanker auseinanderzusetzen. Dein eigener Karriereanker kann dir wertvolle Orientierung bieten, wenn es darum geht, wie dein nächster Job aussehen sollte. Nicht nur das: Deine Grundwerte und Bedürfnisse geben auch Aufschluss darüber, bei was für einem Arbeitgeber du gut aufgehoben wärst.

Durch die Identifizierung deiner Karriereanker bekommst du einen klaren Blick dafür, was dir im Job wirklich wichtig ist – zum Beispiel der Raum, kreativen Ideen nachzugehen, finanzielle Sicherheit oder Work-Life-Balance. Dieses Wissen macht es einfacher, freie Stellen zu bewerten: Welche könnte deinen Vorstellungen wirklich gerecht werden? Welche wäre wahrscheinlich nur eine Notlösung auf Zeit?

Wenn du deine Karriereanker bei der Jobsuche berücksichtigst, kann dich das vor beruflichen Fehlentscheidungen bewahren. Du läufst weniger Gefahr, dich für die „falsche“ Stelle zu entscheiden, mit der du schon nach kurzer Zeit unglücklich bist. Ganz im Gegenteil: Mit etwas Reflexion kannst du dank der Kenntnisse über deine Karriereanker die Jobs finden, die mit deinen Zielen harmonieren.

Wichtig dazu ist, dass du Stellenanzeigen genau liest: Was lässt sich zwischen den Zeilen herauslesen? Denke auch an andere wichtige Grundlagen bei beruflichen Entscheidungen: Wie steht es um die Arbeitsbedingungen? Wie ist die Unternehmenskultur? Wie viele Freiräume hast du? Wie sieht es mit Aufstiegsmöglichkeiten aus?

Es kann sinnvoll sein, die eigenen Karriereanker auch in der Bewerbung zum Ausdruck zu bringen. Zum Beispiel im Bewerbungsschreiben. Dort kannst du potenziellen Arbeitgebern erklären, was dich auszeichnet, was dich motiviert und welche Vorstellungen du hast. Deine Karriereanker helfen dir dabei, deine Stärken aufzudecken. Wenn du sie in Bewerbungen in den Vordergrund rückst, kannst du damit punkten.

Können sich Karriereanker im Laufe der Zeit verändern?

Karriereanker sind Fixpunkte, die oft im gesamten Verlauf der Karriere beibehalten werden. Dass sie oft langfristig konstant bleiben, heißt jedoch nicht, dass sie sich nicht auch im Laufe der Zeit verändern könnten. Sie spiegeln letztlich immer nur den Menschen wider, der jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Durch eine persönliche Entwicklung, veränderte Umstände oder Werte können sich auch Karriereanker ändern und Prioritäten verschieben.

Ein wichtiger Faktor kann sein, in welcher Lebensphase sich jemand befindet. Es macht für die beruflichen Bedürfnisse einen Unterschied, ob jemand gerade im Beruf loslegt und ansonsten keine Verpflichtungen hat oder ob er gerade ein Baby bekommen hat. Auch im Alter können sich die Bedürfnisse verändern, was sich darauf auswirkt, mit welchem Job man glücklich ist und mit welchem weniger.

Auch Erfahrungen können dafür sorgen, dass sich Präferenzen und Wertvorstellungen verschieben. Es kann zum Beispiel sein, dass jemand anfangs vor allem Wissen und Expertise anhäufen wollte, später aber bewusst in bestimmte Positionen aufsteigen möchte. Oder umgekehrt: Dass jemand mal stark darauf bedacht war, beruflich viel zu erreichen, dann aber lieber einen Job haben möchte, mit dem er zufrieden ist.

Auch Veränderungen in der Branche oder dem Berufsfeld können sich auswirken. Es könnten sich neue Entwicklungen ergeben, die die eigene Sichtweise verändern. So kann der Fokus sich verlagern, was Einfluss auf grundlegende Karriereanker haben kann.

Es ist daher wichtig, die eigenen Werte, Bedürfnisse und Vorstellungen von Zeit zu Zeit zu hinterfragen. Treffen die Karriereanker, mit denen man sich einmal identifiziert hat, wirklich noch zu? Oder sind andere Kategorien treffender? In letzterem Fall solltest du das zum Anlass nehmen, deinen beruflichen Weg zu überdenken. Möglicherweise wärst du langfristig glücklicher, wenn du dich im Job verändern würdest.

Fazit: Karriereanker als nützliches Instrument

  • Das Konzept der Karriereanker geht auf den US-amerikanischen Psychologen Edgar Schein zurück, der es in den 1970er-Jahren entwickelt hat. Es handelt sich dabei um Werte, Bedürfnisse und Vorstellungen, die darüber entscheiden, worauf man im Beruf besonders Wert legt – und mit welcher Tätigkeit man glücklich ist.
  • Edgar Schein unterschied acht Karriereanker, von denen in der Regel je ein bis zwei kennzeichnend sind. Dazu zählen etwa das Bedürfnis, andere zu führen, das Bedürfnis nach Wissen und Expertise oder Sicherheit und Beständigkeit.
  • Es ist hilfreich, die eigenen Karriereanker zu kennen: So kannst du deinen beruflichen Weg in einer Art und Weise planen, die dich wirklich zufriedenstelltund im Einklang mit deinen Zielen steht.
  • Bei der Jobsuche ist es nützlich, Karriereanker im Blick zu behalten. Sie können dir als Orientierung dienen, welcher Job wirklich gut passen könnte und welcher womöglich nicht die beste Wahl wäre.
  • Karriereanker sind oft über lange Zeit fix, aber nicht unveränderlich: Durch persönliche Entwicklung oder veränderte Umstände können sie sich verschieben. Daher lohnt es sich, sich immer mal wieder damit zu befassen, mit welchen Kategorien man sich besonders identifiziert.

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