Coffee Badging: Nur symbolisch anwesend

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Ein Mitarbeiter unterhält sich mit seinen Kollegen und betreibt Coffee Badging. Sie lachen gemeinsam und trinken Kaffee.

Coffee Badging liegt im Trend: Arbeitnehmer erscheinen dabei nur kurz im Büro, trinken einen Kaffee und gehen wieder, um im Homeoffice weiterzuarbeiten. Hier erfährst du mehr über die Hintergründe und Auswirkungen dieses Phänomens, was Arbeitgeber tun können und ob Coffee Badging erlaubt ist.

Inhaltsübersicht:

Was ist Coffee Badging?

Vielleicht hast du schon vom Coffee-Badging-Trend gehört und fragst dich, was sich dahinter verbirgt. Gemeint ist ein Phänomen, bei dem Arbeitnehmer, die ansonsten im Homeoffice arbeiten, nur kurz ins Büro kommen  zum Beispiel für einen Kaffee. Sie kommen damit formell ihrer Anwesenheitspflicht nach, ohne jedoch wirklich längere Zeit im Büro zu sein. Die Bezeichnung leitet sich vom Einstempeln ab, das mit der Präsenz vor Ort verbunden sein kann („badging“).

Während der Coronapandemie und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen ist die Arbeit aus dem Homeoffice für viele Beschäftigte zur neuen Normalität geworden. Inzwischen gibt es derartige Beschränkungen nicht mehr, oft besteht wieder eine gewisse Anwesenheitspflicht. Bei vielen Beschäftigten stößt das nicht auf Begeisterung: Viele möchten ihren Arbeitstag lieber weiter flexibel gestalten – so, wie es zu ihren Bedürfnissen passt. Das gilt besonders in Zeiten, in denen freie Zeit oft ein rares Gut ist – und in denen es schwer sein kann, Job und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.

Die zumindest zeitweise Rückkehr ins Büro empfinden viele Beschäftigte als lästige Pflicht. Hier kommt Coffee Badging als eine Art Rückkehr light ins Spiel: Man kommt für ein paar Minuten an den Arbeitsplatz, tauscht sich vielleicht kurz mit den Kollegen aus – und geht wieder.

Coffee Badging kann als Trend als Antwort auf moderne hybride Arbeitsmodelle verstanden werden. Dass man im Büro anwesend sein muss, nur weil es der Arbeitgeber beschließt, nehmen viele Arbeitnehmer nicht mehr ohne Weiteres hin. Das gilt vor allem in Situationen, in denen es nicht nachvollziehbar erscheint, dass jemand physisch vor Ort sein muss, um seinen Job gut zu machen – viele Aufgaben lassen sich auch remote sehr gut erledigen.

Welche Auswirkungen Coffee Badging haben kann

Coffee Badging ist ein umstrittener Trend – auch wegen der negativen Konsequenzen, die es haben kann. Das gilt für Unternehmen ebenso wie für Teams. Wenn Beschäftigte immer nur kurz im Büro vorbeischauen, ohne sich dort wirklich einzubringen oder wirklich präsent zu sein, hat ihre Anwesenheit keinen nennenswerten Mehrwert.

Besonders bei der Zusammenarbeit unter Kollegen, bei welcher der direkte Austausch und spontane Abstimmung einen hohen Stellenwert haben, kann eine rein symbolische Anwesenheit Teamdynamiken negativ beeinflussen. Das Team arbeitet womöglich weniger effektiv zusammen. Es könnte sich auch Frust über Kollegen einstellen, die nie wirklich da sind, weil sie in der kurzen Anwesenheit immer schon wieder auf dem Sprung sind.

Die Teamkultur kann auf diese Weise unter Coffee Badging leiden. Die übrigen Kollegen, die ständig oder zumindest häufiger vor Ort sind, könnten es als unfair oder unkollegial empfinden, wenn andere Coffee Badging betreiben. Zugleich fallen viele Vorteile der Präsenzarbeit weg, darunter der informelle Austausch, der die kollegialen Beziehungen stärkt. Das Wirgefühl kann leiden, wenn Beschäftigte immer nur auf Stippvisite da sind. Es können sich auch Spannungen und Konflikte ergeben.

Durch diese Effekte kann die Produktivität in Teams unter Coffee Badging leiden. Das geht zulasten des Arbeitgebers, belastet aber auch die Beteiligten selbst: Sie brauchen womöglich länger und haben mehr Stress. Schlimmstenfalls werden regelmäßig Überstunden notwendig.

In organisatorischer Hinsicht kann Coffee Badging für Unternehmen problematisch sein. Büroflächen sind auf bestimmte Anwesenheiten ausgelegt. Wenn einzelne Mitarbeiter fast nie da sind, ihnen aber trotzdem Arbeitsplätze vorgehalten werden, werden Ressourcen nicht effizient genutzt und es entstehen unnötige Kosten.

Coffee Badging erkennen und verstehen

Um angemessen mit Coffee Badging umgehen zu können, müssen Führungskräfte das Phänomen zunächst einmal klar sehen – und seine Hintergründe im Einzelfall verstehen. Dazu gehört auch, nicht die falschen Schlüsse aus kurzen Anwesenheiten von Mitarbeitern zu ziehen.

Hinweise auf ein mögliches Coffee Badging können sich durch die Auswertung von Anwesenheitsdaten ergeben. Es könnte zum Beispiel sein, dass bestimmte Mitarbeiter regelmäßig zur selben Uhrzeit für kurze Zeit anwesend sind, das Büro aber kurz darauf wieder verlassen. Solche Beobachtungen könnten darauf hindeuten, dass die minimale Präsenz im Unternehmen System hat.

Gefragt sind darüber hinaus Führungskräfte: Sie kennen ihre Mitarbeiter am besten und können am ehesten einschätzen, ob An- und Abwesenheiten auffällig sind. Mit Coffee Badging können weitere Verhaltensweisen einhergehen, etwa eine verringerte Beteiligung in Meetings oder Teamprojekten. Entsprechende Beobachtungen sollten unbedingt berücksichtigt werden, wenn es darum geht, ob Arbeitskräfte Coffee Badging betreiben.

Nicht vorschnell urteilen

Wichtig ist, bei einem Coffee-Badging-Verdacht nicht vorschnell zu urteilen. Vielmehr sollte es den Verantwortlichen darum gehen, die Ursachen für das Verhalten der Beschäftigten aufzudecken. Offene Gespräche in einer vertrauensvollen Atmosphäre sind dafür ebenso hilfreich wie anonyme Umfragen.

Häufig haben die Mitarbeiter nachvollziehbare Gründe, wenn sie nur kurz vor Ort sind. Es könnte zum Beispiel sein, dass es für ihre Arbeit schlicht keinen Unterschied macht, wo sie sind, dass sie lange Wege haben oder familiär stark eingebunden sind. Wer als Arbeitgeber für solche Beweggründe Verständnis zeigt, trägt zu einem guten Miteinander und einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit bei.

Nicht selten hängt Coffee Badging mit Mängeln in der Kommunikation zusammen. Es könnte zum Beispiel sein, dass den betreffenden Mitarbeitern gar nicht klar ist, dass ihre kurze Anwesenheit kritisch gesehen wird. Oder dass Führungskräfte nicht deutlich machen, warum sich eine häufigere Präsenz aus ihrer Sicht für die Arbeitskräfte und das ganze Team lohnt. Eine transparente Kommunikation über Erwartungen, Rollen und Möglichkeiten schafft Klarheit und sorgt für Vertrauen.

Coffee Badging im Arbeitsrecht: Ist Coffee Badging erlaubt?

Kurz im Unternehmen vorbeischauen, nur um mal dagewesen zu sein. Sich einstempeln, dann aber einen Kaffee holen in der Arbeitszeit, bevor man sich wieder verabschiedet. So kann Coffee Badging aussehen. Doch darf man das eigentlich? Ist Coffee Badging erlaubt? Das lässt sich nicht pauschal beantworten, denn es kommt auf die spezifischen Regelungen im Einzelfall an.

Es hängt davon ab, was der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern verlangt. Geht es um ganze Präsenztage, wie sie in vielen Unternehmen üblich sind? Oder ist es wichtig, dass jemand für ein bestimmtes Meeting anwesend ist? In letzterem Fall spricht womöglich nichts dagegen, anschließend wieder zu gehen. Präsenztage hingegen bedeuten genau das: ganze Tage, die Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz im Unternehmen verbringen. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Abmahnung oder gar Kündigung.

In vielen Fällen handelt es sich bei Coffee Badging allerdings nicht um einen klaren Rechtsverstoß – vorausgesetzt, Arbeitskräfte erbringen die Leistungen, die ihr Arbeitgeber von ihnen verlangt. Wer sich hingegen einstempelt, nur um einen Kaffee zu holen in der Arbeitszeit, kann schon eher gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Nämlich dann, wenn er diese Pause gar nicht machen darf. Er wird für seine Arbeitsleistung bezahlt, nicht fürs Kaffeetrinken. Handelt es sich hingegen um eine ordnungsgemäße Pause oder wird die Pause vom Arbeitgeber akzeptiert, müssen sich Beschäftigte keine Sorgen um arbeitsrechtliche Konsequenzen machen.

Häufig bewegen sich Arbeitnehmer mit Coffee Badging in einer rechtlichen Grauzone. Es ist daher sinnvoll, mit dem Arbeitgeber über dessen Erwartungen zu sprechen und direkt nachzufragen, inwieweit man vor Ort sein muss oder sollte – und wie lange. So können Missverständnisse beseitigt und Konflikten vorgebeugt werden.

Die Perspektive der Mitarbeitenden

Wenn Mitarbeiter immer nur kurz im Büro sind, heißt das nicht, dass sie keine Lust auf ihren Job hätten oder keine Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber empfinden würden. Oft sind unklare Anforderungen, widersprüchliche oder mangelnde Absprache und die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten der Grund für Coffee Badging.

Hinter dem Coffee-Badging-Trend steckt in vielen Fällen ein Wunsch von Mitarbeitern nach (größerer) Autonomie. Viele Beschäftigte sehnen sich nach mehr Flexibilität und wünschen sich, ihre Arbeit stärker nach eigenem Ermessen ausgestalten zu können. Diese Freiheiten kommen der Work-Life-Balance und der Vereinbarkeit von Job und Privatleben zugute. Oft gehen sie auch nicht zulasten der Arbeitsergebnisse, denn viele Arbeitskräfte arbeiten zu Hause genauso effizient wie im Büro – manchmal sind sie dort sogar produktiver.

Für einen Spagat kann jedoch der Druck sorgen, den viele Arbeitnehmer empfinden: Sie wünschen sich mehr Spielräume, spüren aber die – mitunter implizite – Erwartung des Arbeitgebers, öfter im Büro anwesend zu sein. Genau aus diesem Spannungsfeld heraus ist der Coffee-Badging-Trend zu verstehen. Die Beschäftigten kommen den Anforderungen an sie formell nach, wahren aber eine gewisse Distanz und Eigenständigkeit in der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit.

Angesichts dieses Konflikts wird deutlich, wie wichtig eine offene, vertrauensvolle Kommunikation ist. Wenn Arbeitskräfte ihre Einschätzungen und Empfindungen offen gegenüber Vorgesetzten äußern können, sind klarere Absprachen möglich, die beiden Seiten zugutekommen. Dafür braucht es eine echte Vertrauenskultur, die nicht nur propagiert, sondern auch tatsächlich gelebt wird.

Strategien für einen konstruktiven Umgang mit Coffee Badging

Viele Arbeitgeber sind nicht begeistert, wenn Mitarbeiter Coffee Badging betreiben. Statt sich darüber zu ärgern, lohnt es sich jedoch, sich Gedanken über einen angemessenen Umgang mit solchen Fällen zu machen. Für Unternehmen können solche Situationen eine Gelegenheit sein, hybride Arbeitsmodelle zu überdenken und bewusster zu gestalten.

Eine wichtige Grundlage ist eine klare, offene Kommunikation. Verantwortliche können etwa Richtlinien zur konkreten Ausgestaltung von hybriden Arbeitsmodellen aufstellen. Darin können sie deutlich machen, warum (häufigere) Anwesenheiten im Büro sinnvoll sind. Zugleich sorgen entsprechende Vorgaben dafür, dass die Mitarbeiter wissen, was von ihnen erwartet wird.

Ebenso essenziell ist es, den Mitarbeitern die Anwesenheit im Büro zu versüßen. Wenn der Arbeitsplatz ein Ort ist, an dem sich die Beschäftigten wohlfühlen und wo sie sich gern aufhalten, beugt das Coffee Badging vor. Lohnenswert sind etwa eine gute Stimmung in Teams, ein enges Miteinander unter Kollegen und eine Atmosphäre, in der sich die Beschäftigten wohlfühlen. Ergonomische Arbeitsplätze, die die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter erfüllen, tragen einen wichtigen Teil dazu bei. Moderne Räume und eine moderne Infrastruktur zahlen sich ebenso aus wie eine gelebte Unternehmenskultur.

Ergebnisse im Fokus

Auch die Art und Weise, in der Führungskräfte ihre Rolle verstehen, macht einen Unterschied. Sture Anwesenheitskontrollen sind nicht hilfreich – Anwesenheitspflichten sollten niemals ein Selbstzweck sein. Entscheidend ist eine ergebnisorientierte Herangehensweise. Wenn Mitarbeiter merken, dass ihre Leistung zählt und nicht, von welchem Ort aus sie erbracht wird, stärkt das ihre Motivation und ihre Eigenverantwortung. Flexibilität, wann immer sie möglich ist, und Vertrauen können die Anwesenheit vor Ort attraktiver machen. 

Besonders, wenn auffällig viele Mitarbeiter nur ein Minimum an Zeit vor Ort in Unternehmen verbringen, sollte das ein Anlass für Verantwortliche sein, Ursachenforschung zu betreiben. Womöglich gibt es größere Probleme bei der Arbeitsorganisation, der Mitarbeiterzufriedenheit oder dem Betriebsklima. Es könnte sein, dass sich Arbeitskräfte nicht wohlfühlen und den Arbeitsplatz deshalb meiden.

Langfristige Strategien für Unternehmen: Vertrauen statt Präsenzpflicht

Coffee Badging ist ein Trend, den Arbeitgeber ernst nehmen sollten, statt zu hoffen, dass sich das Phänomen von selbst erledigt. Dahinter steckt ein tiefgreifender Wunsch vieler Arbeitnehmer, die Arbeit besser in Einklang mit den eigenen Bedürfnissen zu bringen.

Viele Beschäftigte haben stressige Jobs mit einer hohen Arbeitsbelastung. Auch die „freie“ Zeit ist oft vollgepackt mit Verpflichtungen. Entsprechend wenig Zeit bleibt für Entspannung. In einem anstrengenden Alltag ist es oft eine große Erleichterung, die Arbeit flexibel gestalten zu können – auch durch die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten.

Eine flexible Ausgestaltung der Arbeit lässt sich mit starren Präsenzanforderungen seitens des Arbeitgebers nur schwer vereinen. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, aus Prinzip ins Büro kommen zu müssen – ohne klar erkennbaren Nutzen –, kann das frustrierend sein. Oder eine rein symbolische Anwesenheit zur Folge haben, wie es beim Coffee Badging der Fall ist.

Anwesenheit attraktiver machen

Davon haben auch Unternehmen nichts: Die Beschäftigten sind kaum vor Ort, und dass sie überhaupt kommen müssen, kann ihre Zufriedenheit verringern. Um das zu verhindern, sollten Unternehmen hybride Arbeitsmodelle auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zuschneiden. Und regelmäßig überprüfen: Bringt das jeweilige Modell den gewünschten Nutzen? Ist es im Sinne aller Beteiligten? Was ist für eine bestimmte Aufgabe wirklich nötig?

Ein kultureller Wandel kann diese Entwicklung begleiten. Für Verantwortliche in Unternehmen ist es wichtig, nicht zu glauben, dass Produktivität von physischer Anwesenheit abhängen würde. Stattdessen sollte eigenverantwortliches Arbeiten im Fokus stehen. Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern das nötige Vertrauen entgegenbringen und ihnen Freiräume geben, haben eher zufriedene, motivierte Arbeitskräfte.

Es lohnt sich, Technologiengezielt zu nutzen, um die Zusammenarbeit in Teams auch remote effektiv zu gestalten. Digitale Tools für den Austausch, die Kollaboration und Projektsteuerung machen es einfach, über örtliche Grenzen hinweg zu kooperieren. Ebenso ist es möglich, durch passende Mittel die Präsenz im Büro attraktiver und sinnvoller zu machen. Zum Beispiel durch moderne Technik am Arbeitsplatz, Angebote für den informellen Austausch oder eine angenehme Arbeitsumgebung, in der sich die Beschäftigten wohlfühlen.

Fazit: Der richtige Umgang mit Coffee Badging

  • Coffee Badging ist ein Trend, der vielen Arbeitgebern sauer aufstößt: In Zeiten, in denen viele Mitarbeiter einen Teil der Arbeitszeit im Homeoffice verbringen, machen manche nur kurze Pflichtbesuche am Arbeitsplatz.
  • Entscheidend ist, die Hintergründe von Coffee Badging zu verstehen. Das Phänomen ist ein Symptom, das auf Probleme hinweisen kann – zum Beispiel unklare Erwartungen oder ein schlechtes Betriebsklima.
  • Die beste Strategie im Umgang mit Coffee Badging ist eine, die auf Dialog setzt und die Bedürfnisse und Beweggründe von Mitarbeitern berücksichtigt.
  • Es lohnt sich für Arbeitgeber, den Fokus auf Ergebnisse zu legen, statt stur auf bestimmte Anwesenheiten zu pochen, die den Mitarbeitern ihren Alltag erschweren.
  • Um den Bedürfnissen von Arbeitgebern wie -nehmern gleichermaßen gerecht zu werden, sind Modelle gefragt, die den Mehrwert der persönlichen Zusammenarbeit betonen, aber gleichzeitig flexibel gestaltet werden können.

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